Starke Bauchschmerzen, häufige Durchfälle …

und ständig dieser Drang, die Toilette aufsuchen zu müssen. So beschreiben viele Menschen die Symptome ihrer Colitis ulcerosa. Eine Erkrankung, die den Alltag vieler Betroffener schnell auf den Kopf stellen kann. Was genau Colitis ulcerosa ist, was die Diagnose für Ihr Leben bedeuten kann und vor allem, was Sie und Ihre Ärzt:innen dagegen tun können, soll daher hier Thema sein.

Das Wichtigste vorweg1,2,3

  • Was ist Colitis ulcerosa?
    Colitis ulcerosa gehört, ebenso wie Morbus Crohn, zu den chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, kurz CED.
  • Was passiert im Darm?

    Die Entzündung betrifft die Schleimhaut des Dickdarms, beginnt im Enddarm und kann sich aufsteigend nach und nach im gesamten Dickdarm ausbreiten.

  • Wer ist betroffen?

    Menschen jeden Alters können davon betroffen sein. In der Regel wird Colitis ulcerosa jedoch bei Menschen im Alter zwischen 15 und 35 Jahren und 55 und 80 Jahren diagnostiziert.

  • Wie äußert sich Colitis ulcerosa?

    Die häufigsten Beschwerden sind schleimig-blutige Durchfälle, krampfartige Bauchschmerzen und ständiger Drang zur Stuhlentleerung. Die Beschwerden können dauerhaft oder in Schüben auftreten, auf die beschwerdefreien Zeiten folgen.

  • Wie entsteht Colitis ulcerosa?

    Genaue Ursachen für die Entstehung von Colitis ulcerosa sind bisher nicht bekannt. Es besteht jedoch die Vermutung, dass vor allem Veränderungen der Darmbarriere und Darmflora, genetische Faktoren und Umwelteinflüsse eine Rolle spielen.

  • Wie wird Colitis ulcerosa behandelt?

    Heilbar ist die Erkrankung zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht, aber Arzneimittel oder auch operative Eingriffe können beschwerdefreie Zeiten deutlich verlängern. Die Wahl der Therapie hängt dabei vom Verlauf der Erkrankung und von der Ausprägung der Entzündung ab.

So kann Colitis ulcerosa entstehen2,4

Während Colitis ulcerosa früher als klassische Autoimmunerkrankung galt, gehen Mediziner:innen heute davon aus, dass sowohl bei Colitis ulcerosa als auch bei Morbus Crohn unter anderem eine komplexe Barrierestörung der Darmschleimhaut vorliegt. Das bedeutet, die Schutzfunktion der Darmschleimhaut versagt, Bakterien und Fremdstoffe können die Darmwand durchdringen, das Immunsystem reagiert darauf - allerdings in überschießender Weise - und eine Entzündung entsteht. Bei Colitis ulcerosa betrifft die Entzündung nur die oberflächliche Schleimhautschicht, während sie bei Morbus Crohn auch in tiefere Schichten der Darmwand vordringt.

digestive system

Von Ursachen und Risikofaktoren3,5

Gerade junge Menschen stellen sich vermutlich sofort die Frage, warum es ausgerechnet sie getroffen hat. Und eine ganz klare Antwort kann auch die Wissenschaft leider noch nicht liefern. Aber: Einigkeit besteht in der Annahme, dass mehrere Faktoren eine Rolle bei der Entstehung von Colitis ulcerosa spielen können.

Diskutiert wird das Zusammenspiel von:

  • erblicher (genetischer) Veranlagung (Verwandte ersten Grades erhöhen das Risiko für Familienmitglieder),
  • Ernährungsgewohnheiten und Umweltfaktoren,
  • gestörter Barrierefunktion des Darms und Veränderungen in der Darmflora,
  • erhöhter Antibiotikaeinsatz in der Kindheit oder Einnahme oraler Kontrazeptiva,
  • Stress.

Diese Symptome sind typisch2,6

Bei den meisten Menschen entwickeln sich die Beschwerden nur langsam. Etwa die Hälfte aller Patient:innen hat nur leichte Symptome, andere wiederum leiden unter starken Beschwerden. Da die Entzündungsprozesse in Schüben verlaufen, können die Symptome eine Zeit lang bestehen und nach einem Schub wieder verschwinden.

Einige der im Folgenden aufgelisteten Symptome können eher milde Beschwerden verursachen oder selten auftreten, andere zeigen sich immer wieder:

  • blutige oder schleimige Durchfälle
  • ständiger Drang zur Entleerung kleiner Stuhlportionen
  • krampfartige Bauchschmerzen
  • Fieber
  • Appetitlosigkeit
  • Blähgefühl
  • Gewichtsverlust
back pain
Schon Gewisst

Auch wenn Colitis ulcerosa hauptsächlich den Dickdarm betrifft, leiden einige Betroffene darüber hinaus an Beschwerden in Gelenken oder im Rücken, an Entzündungen der Haut, Augen oder Mundschleimhaut oder an der Entzündung verschiedener Organe.

Colitis ulcerosa kann unterschiedlich verlaufen2

Colitis ulcerosa verläuft sehr unterschiedlich, aber meist in Schüben. Nur wenige Menschen haben eine dauerhafte Entzündung. Bei einigen Patient:innen kommt es nur zu wenigen Schüben im Laufe ihres Lebens, bei anderen zu mehreren Schüben innerhalb eines Jahres. Wie lange der jeweilige Schub anhält und wie stark die Beschwerden sind, ist bei jeder Person individuell.

Einige benötigen kaum oder keine Arzneimittel, während andere immer wieder akute Krankheitsschübe haben und selten oder gar nicht beschwerdefrei sind.

Wenn Sie häufig akute Krankheitsschübe haben, ist es wichtig, dass Sie sich von Spezialist:innen im Bereich Magen-Darm-Erkrankungen, d. h. einer Gastroenterologin oder einem Gastroenterologen, betreuen lassen, um die bestmöglichen Behandlungsmethoden zu finden.

Schon Gewisst

Menschen mit CED haben ein erhöhtes Darmkrebsrisiko. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen (Darmspiegelungen) erhalten dadurch eine noch größere Bedeutung. Gute Vorsorge zusammen mit einer auf Ihren Bedarf abgestimmten Therapie können dieses Risiko jedoch verringern!

Dr. Consultant

Vor allem junge Menschen erkranken3,5,7

Chronische Erkrankungen kommen nicht nur bei alten Menschen vor. So beginnt Colitis ulcerosa beispielsweise sehr häufig schon in jungen Jahren, das heißt zwischen 15 und 35 Jahren. Aber auch ältere Menschen können von Colitis ulcerosa betroffen sein.

Schätzungen, wie viele Menschen mit Colitis ulcerosa zurzeit in Deutschland leben, schwanken. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass es etwa 400.000 Menschen sind - Tendenz steigend.

Die Therapie wird auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt2,7,8

Die wichtigste Information zuerst: Auch wenn Colitis ulcerosa bisher noch nicht heilbar ist, so gibt es eine große Auswahl an Arzneimitteln und weitere Therapieoptionen, die Ihre Beschwerden lindern und mögliche Verschlimmerungen oder Komplikationen der Erkrankung wirkungsvoll verhindern können. Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt wird die Therapieplanung im Vorfeld mit Ihnen besprechen.

Maßgeblich für die Auswahl der Therapieoptionen ist dabei,

  • wie weit sich die Entzündungsaktivität in Ihrem Dickdarm ausgebreitet hat,
  • das Ausmaß Ihrer Beschwerden,
  • Ihre persönliche Lebenssituation in Bezug auf z. B. Alter, Lebens- und Familienplanung, berufliche Situation.

Das bedeutet: Die Therapie wird individuell auf Ihre Bedürfnisse abgestimmt.

Zielsetzung der Therapie

Ihre Ärztin bzw. Ihr Arzt wird vor allem versuchen, den Entzündungsprozess in Ihrem Darm frühzeitig zu stoppen und eine Abheilung der Darmschleimhaut zu erreichen.

Das Ziel ist dabei,

  • neue Schübe zu verhindern, die weitere Veränderungen der Darmwand zur Folge hätten,
  • die weitere Ausbreitung der Entzündungsaktivität in Ihrem Dickdarm zu stoppen,
  • Ihnen einen beschwerdefreien Alltag bieten zu können,
  • Beschwerdefreiheit über einen möglichst langen Zeitraum zu erreichen – Mediziner:innen sprechen hier von „Remission“.

Dies sind die Behandlungsmöglichkeiten

Die folgenden Arzneimittel werden je nach Schwere Ihrer Erkrankung einzeln oder in Kombination eingesetzt. Darüber hinaus gibt es in schweren Fällen und wenn die Arzneimittel nicht greifen, die Möglichkeit der operativen Entfernung des Dickdarms oder eines Teiles davon.

  • 5-ASA-Präparate

    Sehr gut geeignet zur Behandlung eines leichten bis mittelstarken Schubes. Bei Erfolg werden 5-ASA-Präparate auch zum Erhalt der Remission als Dauertherapie weitergegeben.

  • Kortison-Präparate

    Wenn 5-ASA-Präparate nicht ausreichen, um den akuten Schub erfolgreich zu behandeln. Einsatz im Entzündungsschub, sowohl bei geringer, mittlerer als auch schwerer Krankheitsaktivität.

    ACHTUNG: Nur für Kurzzeittherapie geeignet!

  • Immunsuppressiva wie z. B.: Azathioprin, 6-Mercaptopurin

    Sind 5-ASA-Präparate und/oder Kortison-Präparate nicht erfolgreich, werden stärker wirksame Immunsuppressiva eingesetzt. Einsatz bei starker Ausprägung der Erkrankung.

  • Biologika wie z. B: Infliximab, Adalimumab, Ustekinumab, Vedolizumab

    Biologika können bei mittelschwerer bis schwerer Erkrankung eingesetzt werden, wenn andere Arzneimittel nicht gewirkt haben oder nicht vertragen wurden.

  • Immunmodulatoren wie z. B.: Tofacitinib, Filgotinib

    Einsatz bei mittelschwerer bis schwerer Colitis ulcerosa – aufgrund der Nebenwirkungen sind besondere Vorsichtsmaßnahmen zu beachten.

  • S1PR-Modulatoren wie z. B.: Ozanimod

    Einsatz bei mittelschwerer bis schwerer aktiver Colitis ulcerosa.

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Tipps

Tipps für das Leben mit Colitis ulcerosa

  • Informieren Sie sich über Ihre Erkrankung

    Lesen Sie, schauen Sie, hören Sie – alles, was Sie über Ihre Erkrankung in Erfahrung bringen können. Informierte Patient:innen können besser auf Augenhöhe mit ihren Behandler:innen sprechen und Therapieentscheidungen bewusster mittragen, Probleme aktiver angehen, selbstbewusst und offen mit der Erkrankung umgehen.

  • Verbannen Sie Stress aus Ihrem Leben

    Darm und Gehirn sind eng miteinander verbunden. Stress kann sich über diesen Weg direkt auf den Darm auswirken, Symptome verstärken, möglicherweise sogar Schübe auslösen. Finden Sie für sich selbst einen Weg, besser mit dem Stress des Alltags umzugehen. Nur ein paar Ideen: Sport, Tanzen, mit Freunden treffen, Entspannungstechniken, Musik hören …

  • Tauschen Sie sich aus

    Finden Sie andere Menschen, die an einer CED erkrankt sind. Suchen Sie den Austausch über das Internet, soziale Medien, Selbsthilfegruppen. Denn: Keiner versteht die Sorgen und Nöte, die manchmal mit einer chronischen Erkrankung verbunden sind, so gut, wie jemand, der oder die selbst davon betroffen ist.

  • Tipps für die Ernährung bei Colitis ulcerosa

    Es existiert keine spezielle Diät, die für alle Menschen mit Colitis ulcerosa gut funktioniert – ähnlich wie bei Morbus Crohn. Probieren Sie aus, was Ihnen guttut und unterscheiden Sie zwischen akuten Schüben und beschwerdefreien Remissionsphasen.

    Achten Sie dabei auf ein paar Dinge und haben Sie trotzdem Freude am Essen:

    • Während eines akuten Schubs ist es sinnvoll, leicht verdauliche und gut verträgliche Nahrungsmittel zu essen. Finden Sie heraus, was Ihnen schmeckt und Sie gleichzeitig am besten vertragen.
    • Viele Menschen mit Colitis ulcerosa vertragen während eines Schubs zum Beispiel keine Milchprodukte, in beschwerdefreien Zeiten legt sich diese Unverträglichkeit wieder.
    • Auch zu viele Ballaststoffe in Vollkornprodukten oder Gemüse, die üblicherweise besonders empfohlen werden, können während eines Schubs manchmal Beschwerden auslösen.
    • Gemüse ist im Allgemeinen besser verträglich, wenn es nicht roh gegessen wird.
    • Trinken Sie jeden Tag reichlich Flüssigkeit. Wasser ist die beste Wahl.
    • Der Alkohol in Bier, Wein oder anderen Getränken kann Ihren Darm anregen und Durchfall verschlimmern. Das Gleiche gilt für koffeinhaltige Getränke.
    • Vorsicht auch mit kohlensäurehaltigen Getränken, die oft Blähungen verursachen.
    • Führen Sie ein Ernährungstagebuch, um besser herausfinden zu können, was Ihnen guttut und was nicht.
    • Wenden Sie sich an Expert:innen für Diättherapie und Ernährungsberatung

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Referenzen

  1. Was ist gesichert in der Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen? Manthey C F et al. Internist (Berl). 2021; 62(12): 1269–1279.
  2. Ratgeber Morbus Crohn. Gastro-Liga. https://www.gastro-liga.de/fileadmin/download/RTGBR-PUBLIC/Colitis_ulcerosa-131-04-19.pdf
  3. Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen: Status quo und was die Zukunft bringen kann. Dtsch Arztebl 2023; 120(27-28): A-1219 / B-1043 https://www.aerzteblatt.de/archiv/232671/Chronisch-entzuendliche-Darmerkrankungen-Status-quo-und-was-die-Zukunft-bringen-kann
  4. Chronisch entzündliche Darmerkrankungen. Morbus Crohn und Colitis ulcerosa. Dtsch Arztebl Int 2016; 113: 72-82; DOI: 10.3238/arztebl.2016.0072. https://www.aerzteblatt.de/archiv/173706/Chronisch-entzuendliche-Darmerkrankungen
  5. https://www.internisten-im-netz.de/krankheiten/colitis-ulcerosa/was-ist-colitis-ulcerosa-deren-ursache/
  6. https://gesund.bund.de/colitis-ulcerosa#symptome
  7. Pharmazeutische Zeitung. https://www.pharmazeutische-zeitung.de/therapieziele-im-wandel-134549/seite/alle/?cHash=2f4a03ca352be74c5c5a1f98108386ec
  8. Deutsche Apotheker Zeitung. https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/artikel/2022/11/03/jak-inhibitoren-sind-fuer-zahlreiche-patienten-nur-noch-die-letzte-wahl
  9. https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/ulcerative-colitis/in-depth/ulcerative-colitis-flare-up/art-20120410#:~:text=An%20ulcerative%20colitis%20flare%2Dup,fatigue%2C%20and%20urgent%20bowel%20movements

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